Neu-Ulmer Zeitung 25. April 2016
Neu-Ulmer Zeitung 25. April 2106
Südwest Presse, 18. April 2016 Autor: Claudia Schäfer
Mit seinem charakteristischen Gesicht und buchstäblich putzigen Verhalten ist der Waschbär ein Sympathieträger. Naturschützer und Jäger macht seine Ausbreitung im Landkreis Neu-Ulm aber nicht glücklich.
Dass der aus Nordamerika stammende Waschbär inzwischen in der Region angekommen ist, wurde vor wenigen Jahren in Senden deutlich: Ein Waschbär, der in einem Baum in der Fuggerstraße hockte, löste damals einen Feuerwehreinsatz aus. Auch der zuständige Jagdpächter war vor Ort. Unternommen wurde schließlich nichts, der Kleinbär blieb unbehelligt.
Inzwischen, sagt Wolfgang Höppler vom Landratsamt Neu-Ulm, wohnt das Tier auf dem Gelände der früheren Weberei und fühlt sich dort offensichtlich wohl. Inmitten von Sträuchern, Bäumen und Wiesen und nahe am Mühlbach hat sich der Kleinbär - möglicherweise inzwischen mit Artgenossen - gut eingerichtet. Sollte das Gelände mal bebaut werden, werde der Waschbär in die nahe Illerau abwandern, glaubt Höppler. Schließlich seien Waschbären anpassungsfähig.
Tatsächlich sind es diese Eigenschaften, die die Zahl der Tiere seit Jahren ansteigen lässt. Waschbären sind Allesfresser, die pflanzliche Kost ebenso genießen wie Eier und kleine Tiere, etwa Schnecken und Würmer. Auch wenn ihr Lebensraum eigentlich der Wald ist, scheuen sie die Nähe zu Menschen nicht, sondern wissen sie zu nutzen. So leben in der Region um Kassel in Nordhessen inzwischen bis zu 150 Tiere pro Quadratkilometer. In Mülltonnen und Gärten finden sie genug zu fressen und richten sich gerne in Gartenhäuschen, Garagen oder auf Dachböden ein.
So weit soll es im Landkreis Neu-Ulm nicht kommen, erklärt Christian Liebsch, Vorsitzender der Kreisjägerschaft. Wie viele Waschbären es im Kreis gebe, sei schwer zu sagen. Gesehen worden seien Tiere aber inzwischen fast überall: "Sie verteilen sich schon über den ganzen Kreis." Possierlich anzusehen seien die Kleinbären mit ihren geschickten Pfoten und dem hübsch gezeichneten Gesicht durchaus. "Aber erwünscht sind sie nicht."
Deshalb würden auch immer wieder Tiere geschossen, im vergangenen Jahr insgesamt vier im Landkreis. Nur so gelinge es, die Population des tierischen Einwanderers niedrig zu halten: "Wir brauchen ein Regulativ." Sonst werde das putzige Tier irgendwann einmal lästig, sagt Liebsch. Tatsächlich gibt es inzwischen Regionen in Deutschland, in denen sich die Bürger über die Tiere ärgern, die über geöffnete Fenster und Katzenklappen in die Häuser eindringen und dort Schaden anrichten, Mülltonnen aus- und Obstbäume abräumen. Liebsch: "Wenn wir abwarten, bis wir Waschbären regelmäßig zu Gesicht bekommen, ist es zu spät."
Bernd Kurus-Nägele vom Bund Naturschutz bestätigt das: Waschbären seien "eingeschleppte Tiere" und hätten hier "nichts zu suchen". Auch wenn es bei der derzeitigen Zahl der Tiere noch keine Probleme gebe, bedeute die Ausbreitung einer neuen Tierart "immer einen Verdrängungswettbewerb im Lebensraum" . Deshalb sei von den Naturschützern "keiner so ganz glücklich" über die neuen Landkreisbewohner. Dass sich die Ausbreitung verhindern lässt, glaubt Kurus-Nägele nicht. Dafür gebe es Beispiele anderer Einwanderer aus dem Tier- und Pflanzenreich. Der amerikanische Flusskrebs habe den einheimischen quasi verdrängt und das indische Springkraut sei aus den Wäldern nicht mehr wegzudenken.
Wichtig ist, darin sind sich Jagdvertreter Liebsch und Naturschützer Kurus-Nägele einig, dass der Waschbär von der Bevölkerung als "wildes Tier" betrachtet und nicht angelockt oder gar angefüttert wird. Das beuge Problemen in Siedlungen am besten vor: "Geben Sie ihm keinen Grund, zu bleiben."
Neu-Ulmer Zeitung 7. April 2016.
Die Grünen im Landtag fordern, dass mehr Rehe abgeschossen werden. Wie die Partei das begründet und warum andere Fraktionen dies ablehnen.
- Grüne wollen Jagdzeit auf weibliche Tiere und Kitze verlängern.
Die Höhe des Rehwild-Abschusses sorgt seit jeher für Zündstoff. Die einst hitzige Auseinandersetzung zwischen Waldbesitzern und Jägern ist inzwischen zwar merklich abgekühlt, völlig erloschen ist sie jedoch nie. Die Grünen im Landtag haben nun mit verschiedenen Anträgen im Agrarausschuss neues Feuer gelegt. Darin fordern sie, die Jagdzeit auf weibliches Rehwild und Kitze bis zum 31. Januar zu verlängern; in Hegegemeinschaften mit einer hohen Verbissbelastung, in denen Abschusspläne nicht erfüllt werden, Zwangsgelder zu verhängen, oder den „körperlichen Nachweis“ für erlegtes Wild einzufordern.
Begründung der Grünen: Verbiss der Bäume sei zu hoch
Als Begründung für ihren Vorstoß nennen die Grünen, dass laut dem aktuellen Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung nach wie vor 28 Prozent der untersuchten Hegegemeinschaften als „rot“ eingestuft wurden. Das heißt, der Verbiss der Bäume ist „zu hoch“ oder „deutlich zu hoch“. Sämtliche Appelle der Staatsregierung, Eigenverantwortung wahrzunehmen und an den Ergebnissen zu arbeiten, seien offensichtlich ohne Erfolg geblieben, so die Grünen. Sie sprechen von „jagdlichen Versäumnissen“ und fordern deshalb ein staatliches Eingreifen.
Mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern wurden die Anträge gestern abgelehnt. Angelika Schorer, Vorsitzende des Agrarausschusses, räumte zwar ein, dass es durchaus Reviere gibt, „in denen man mehr tun muss“. Sie betonte jedoch auch, dass die Jagd auf Rehwild in einigen Regionen immer schwieriger werde. Außerdem könne die Untere Jagdbehörde in den Landratsämtern in Problembereichen schon heute Zwangsgelder verhängen, sagte die CSU-Politikerin aus dem Ostallgäu. Auch eine Verlängerung der Schusszeit vom 15. auf den 31. Januar lehnt Schorer ab. Zumal das Jagdrecht bereits jetzt Ausnahmen hergebe.
Freie Wähler: Verhältnis zwischen Waldbesitzern und Jägern gefährdet
Hubert Aiwanger, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Landtag, wurde deutlicher. Die Anträge der Grünen würden das gute Verhältnis zwischen Waldbesitzern und Jägern zerstören, sagte Aiwanger. „Das vergiftet das Klima.“ Aiwanger, selbst Jäger und Revierinhaber, setzt vielmehr auf ein gutes Einvernehmen vor Ort. „Staatlich verordnete Zwangsmittel halten wir für falsch.“ Damit würde letztlich auch das bayerische Reviersystem „kaputtgemacht“. Immer weniger Jäger seien dann bereit, viel Geld für die Jagdpacht zu zahlen. Und der Abschuss von weiblichen Rehen bis zum 31. Januar verstoße gegen den Tierschutz. „Wir würden damit Geißen töten, die bereits Föten im Mutterleib tragen.“
Der Wegfall von ungestörtem Lebensraum, die Zerschneidung der Biotope und die stark industrialisierte Bewirtschaftung in Wald und Feld würden die Jagd immer schwieriger machen, sagte Bayerns Jägerpräsident Jürgen Vocke. „Außerdem sollten auch die forstlichen Vegetationsgutachten nachvollziehbar und belastbar sein.“ Vocke betonte, dass der Verbiss der Leittriebe bei der Tanne inzwischen auf zwölf Prozent reduziert worden sei und der Anteil der Laubbäume bei den jungen Pflanzen 60 bis 70 Prozent betrage. Leider habe es der Bauernverband bisher abgelehnt, gemeinsam mit Jägern die „roten Bereiche“ in den Hegegemeinschaften zu untersuchen.
Die Landtags-SPD stimmte dem Antrag der Grünen zu. Herbert Woerlein (Stadtbergen) sagte, er verstehe den Frust mancher Jäger. Aber in Bayern laute das Motto nun einmal „Wald vor Wild“.
Neu-Ulmer Zeitung 1. April 2016