Südwestpresse 5. November 2015
Wildbret aus heimischen Wäldern und Feldern steht derzeit in vielen Gaststätten im Landkreis auf der Speisekarte. Auch Hobbyköche wissen qualitativ hochwertiges Fleisch von Reh und Wildschwein zu schätzen.
Wer sich um schlechte Haltungsbedingungen in Nutzvieh-Ställen Gedanken macht und deshalb auf manches Schnitzel und manche Roulade verzichtet, greife oft bedenkenlos zu Wildbret, sagt der Vorsitzende der Jägerschaft: "Es gibt eben einen Trend zum bewussten Fleischkonsum." Ein Wildtier lebe frei und ernähre sich natürlich, ohne Medikamente wie Antibiotika im Futter. "Das wissen viele Menschen zu schätzen."
Zwar ist die radioaktive Belastung besonders des Schwarzwilds auch 29 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl nach wie vor vorhanden, doch brauchen das Wildbret-Genießer laut Liebsch nicht zu sorgen: In drei Messstellen im Landkreis wird das Fleisch jedes erlegten Wildschweins auf Radioaktivität untersucht. Sind die Messwerte zu hoch, wird das Tier nicht zum Verzehr freigegeben, der Jäger bekommt eine Entschädigung. "Was auf dem Teller landet, ist also unbedenklich", betont Liebsch. Die Kontrollen des Wildfleisches werden noch Jahrzehnte andauern: So lange dauert es, bis durch natürlichen Zerfall der Großteil des bei der Reaktorkatastrophe freigesetzten radioaktive Cäsium 137 aus der Natur verschwunden ist.
Wildschweine liefern laut Liebsch in der Region neben Rehwild den Hauptteil des Wildfleischs. Es sei wichtig, Jagd auf das Schwarzwild zu machen, um die Population im Griff zu halten, so der Fachmann. Den Wildschweinen gehe es sehr gut, ihr Nahrungsangebot sei reichlich. Der Klimawandel sorge dafür, dass es viele Eicheln und Bucheckern gebe, die Leibspeise des Schwarzwilds. Auch die Getreideernte sei in der Region gut gewesen in diesem Jahr. Viel Nahrung bedeute aber auch viel Nachwuchs.
Andere Wildarten wie der Hase werden dagegen von den Jägern im Landkreis Neu-Ulm oft verschont und fehlen deshalb auf der Speisekarte. "Es werden einfach immer weniger." Jäger Liebsch erklärt dies mit dem schrumpfenden Lebensraum der Langohren: Wiesenflächen verschwinden und weichen Monokulturen oder sie werden so oft gemäht, dass den Hasen die Wildkräuter als Nahrung fehlen. Das feuchte Frühjahr und der heiße Sommer waren auch nicht gut für die flinken Wiesenbewohner.
Ähnlich sieht es beim Flugwild aus: Fasanen und Rebhühner gibt es fast keine mehr, sie werden auch nicht mehr bejagt. Im Kochtopf lande vielleicht einmal die eine oder andere Wildente, die sei aber "sehr undankbar zuzubereiten", findet Christian Liebsch.
Doch ist gerade das begrenze Angebot für den Vorsitzenden der Kreisjägerschaft ein Qualitätsmerkmal heimischen Wildbrets. Wildfleisch aus der Region sei eben "keine Massenware." Das solle es auch nicht sein. Ein Gaststättenbesucher müsse deshalb damit rechnen, dass ein bestimmtes Gericht irgendwann "aus" sei und nicht mehr auf der Tageskarte stehe, sagt der Jäger. "Das nehmen die meisten aber gerne in Kauf. Und freuen sich dann eben auf das nächste Jahr und die nächste Wildwoche."
Bericht: Claudia Schäfer